Rede des Fraktionsvorsitzenden Dietmar Eisele für die Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Ahaus zur Verabschiedung des Haushalts 2021 am 23. März 2021 in der Stadthalle Ahaus
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Voß,
sehr geehrte Herren des Verwaltungsvorstands,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Ahauserinnen und Ahauser,
nach einem Jahr Pandemie bleibt festzustellen, dass der Weg zurück in unsere Normalität leider kein einfacher sein wird. In wirklich allen Lebensbereichen mussten und müssen wir uns immer wieder auf neue Situationen einstellen. Kindergärten und Schulen standen und stehen vor immensen Herausforderungen, Gastronomiebetriebe, Einzelhandel und Kulturschaffende teils vor der Pleite und die Hilfen von Bund und Land fließen und flossen mit großen zeitlichen Verzögerungen. Die von uns geliebte Geselligkeit, der gemeinsame Grillabend, das Weihnachtsfest, Theater, Kino, Restaurantbesuche und so vieles mehr – all dies war und ist teils abgesagt oder mit weitreichenden Einschränkungen versehen worden. Wir alle wünschen uns heute deshalb vor allem, so schnell wie eben möglich zurück in die Normalität zu können.
Der Ahauser Rat, die Verwaltung unserer Stadt und nicht zuletzt unsere vielen ehrenamtlichen Helfer haben im zurückliegenden Jahr an ganz vielen Stellen geholfen. Sei es mit dem subventionierten Ahaus Gutschein, der Stundung von Gewerbesteuern, dem Einkaufsservice und weiteren freiwilligen Hilfestellungen. Dabei befindet sich auch die Kommunalpolitik selbst seit vielen Monaten im Ausnahmezustand: zwischen digitalen Konferenzen, abgesagten Sitzungen und Ratssitzungen in der Stadthalle mit viel Abstand. Diese Krise verlangt uns allen viel Geduld ab und um es mal mit den Worten der Kanzlerin zu sagen: „Corona ist eine Zumutung für die Demokratie.“
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es uns in Ahaus im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen noch vergleichsweise gut geht. Das liegt an den vielen Menschen in unserer Stadt, die mit ihrer Arbeit, ihrem Einsatz jeden Tag dafür sorgen, dass Kinder notbetreut werden können, dass der Schulunterricht weitergeführt wird, dass obdachlose Menschen mit dem Notwendigsten versorgt werden, dass Pflege und medizinische Versorgung gut funktionieren. Ein Dank auch an alle, die dazu beitragen, dass bald alle Bürger*innen, die sich impfen lassen wollen, auch geimpft werden können.
Kurzum: Herzlichen Dank an all die Ahauserinnen und Ahauser, die dazu täglich ihren Dienst leisten, an die Bürger*innen dieser Stadt, die sich an die Regeln halten und dadurch aufeinander achten. An dieser Stelle spreche ich ihnen im Namen meiner Fraktion und Partei unseren Dank aus. In Zeiten der Not steht unsere Stadt zusammen und hilft, wo es nötig ist. Darauf sind wir stolz.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
zusammen haben wir im letzten Jahr auch die Kommunalwahl unter Coronaschutzbedingungen durchführen müssen. Der Wahlkampf unterschied sich daher erheblich von dem in anderen Jahren. Und ich finde, die Ahauser Parteien haben das im Großen und Ganzen gut und fair hinbekommen. Der einzige echte Tiefschlag kam aus dem Rathaus, wo der erste Beigeordnete sich völlig verschaltete und uns Grüne vor Gericht zwang, weil wir Protestplakate gegen die AfD aufgehangen haben. Dinge die jahrelang unproblematisch waren, wurden plötzlich für die Verwaltung zum Problem.
Ich bin froh, dass wir am Ende zwei Dinge festhalten können: Erstens: Das Oberverwaltungsgericht hat dem ersten Beigeordneten deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass dies absolut nicht in Ordnung war. Und zweites – und das ist viel wichtiger – in Ahaus ist nach wie vor kein Platz für die AfD im Rat. Ahaus ist bunt und weltoffen und bleibt auch so!
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
dies ist nun der erste gemeinsame Haushalt im neuen Rat. Wir freuen uns sehr, zusammen ein neues Kapital aufzuschlagen. An dieser Stelle möchte ich mich zunächst bei den anderen Fraktionen für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Diese Haushaltsberatungen wurden von Beginn an sehr offen und kooperativ geführt. Ich denke, es ist gelungen, gemeinsam einiges Gute für diese Stadt auf den Weg zu bringen. Noch nie war ein Haushaltsjahr so schwer planbar wie das kommende. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind für uns alle sehr schwer vorhersehbar. Klar ist schon jetzt: Die Haushaltssituation wird auch in den kommenden Jahren herausfordernd sein. Umso wichtiger; alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand:
- Schaden sie dem Klima?
- Nutzen sie dem Zusammenhalt in unserer Stadt?
- Machen sie Ahaus lebenswerter, nachhaltiger und zukunftsfester?
- Und: Wie entstehen finanzielle Räume für die dringend nötigen Investitionen?
Denn klar ist auch: Eine Stadt kann sich nicht auf dem Erreichten ausruhen. In den kommenden Jahren werden wir massiv investieren müssen, um Ahaus zukunftsfähiger zu machen. Klimafreundlicher, digitaler, fahrradfreundlicher, attraktiver für Gäste. Für die Grüne Fraktion möchte ich schlaglichtartig einige Schwerpunkte aufzeigen, an denen wir substanzielle Verbesserungen gegenüber dem Haushaltsentwurf des Kämmerers erreichen konnten.
Für uns Grüne ist klar: Natur- und Umweltschutz benötigen auch und gerade in der Coronakrise ein beherztes und strategisches Handeln. Der Klimawandel macht keine Pause wegen Corona. Und weiterhin gilt das 1,5 Grad Ziel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir für die Anschaffung von Balkonsolaranlagen ein Förderprogramm von 20.000 Euro und einem Zuschuss von 200 Euro pro Anlage in den Haushalt aufgenommen haben. Das ist gut fürs Klima! Außerdem ist es gut, dass wir nun endlich mit unserer neuen Klimaschutzmanagerin den Beschluss des letzten Jahres umsetzen und für Ahaus ein strategisches Klimaschutzkonzept entwickeln.
Dazu gehören für uns Grüne: Mehr Solaranlagen auf die Dächer, Förderung der E-Mobilität durch die Bereitstellung von mehr Ladeinfrastruktur, Grüngürtel für unsere Stadt, intelligente Verkehrssteuerung durch Nutzung der digitalen Möglichkeiten, neues Radverkehrswegekonzept als Beginn eines umfassenden Mobilitätskonzeptes für unsere Stadt, Verbesserung des ÖPNV und eine nachhaltige Kompensation für Eingriffe in Natur und Umwelt.
Mir ist bewusst, dass wir einige von ihnen immer wieder mit diesen Themen nerven, weil wir beständig den Finger in die Wunde legen. Aber es dürfte mittlerweile klar sein, dass die Auswirkungen des Klimawandels nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Kinder dramatische Auswirkungen haben, wenn wir untätig sind.
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Corona-Pandemie hat überdeutlich aufgedeckt, welche Bedeutung der Digitalisierung in der modernen Gesellschaft zukommt. So manche/r musste beim Homeoffice oder beim Distanzunterricht erleben, wie groß der Nachholbedarf tatsächlich ist. Schneller vorankommen sollte auch der Ausbau digitaler Dienstleistungen und Behördenprozesse durch unsere Stadtverwaltung. Dabei stehen wir in Ahaus – auch Dank tobit.labs – bereits besser da als viele andere. Bargeldloses zahlen, Online Tickets, Online Bestellungen und nicht zuletzt die Digitalisierung des Unterrichts an unseren Schulen sind förmlich explodiert. Natürlich dürfen und wollen wir uns hier nicht ausruhen.
Der Breitbandausbau in unserer Stadt ist abgeschlossen, die Entwicklung des Lo-Ra-Wan schreitet voran und wird uns weitere digitale Möglichkeiten bieten. Intelligente Straßenlaternen, digitale Parkleitsysteme, kleine Helfer-Apps und nicht zuletzt die Chance, die Ahaus App zu einer zentralen Stelle für umfangreiche digitale Dienste in unserer Stadt weiterzuentwickeln. Ahaus befindet sich auf einem guten Weg und unsere Fraktion wird die Entwicklung zusammen mit ihnen weiter voranbringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
für die Kulturschaffenden in unserer Stadt hat die Grüne Fraktion einen zusätzlichen Kulturfonds von 100.000 Euro aus nicht verausgabten Haushaltsmitteln des Jahres 2020 für dieses Jahr beantragt und der Finanzausschuss hat dies einstimmig beschlossen. Ein sehr gutes Signal für die Kulturschaffenden in unserer Stadt. Sie haben besonders unter den Auswirkungen der Pandemie zu leiden. Sie wollen arbeiten, dürfen es aber nicht. Wenn wir mit dem nun beschlossenen Förderprogramm hier zumindest ein wenig helfen können, dann ist das ein wirklich gutes Ergebnis dieser Haushaltsberatungen.
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
selbstverständlich verbleiben auch noch einige Baustellen, an denen wir Grüne und wünschen, dass Ahaus besser wird. Da ist vor allem das Thema des Ausgleichs von Eingriffen in die Natur, das uns jetzt schon etwas länger begleitet. Die Verwaltung wehrt sich mit Händen und Füßen, hier endlich das umzusetzen, was das Gesetz vorschreibt. Trotz Mahnungen und Vorgaben von der Bezirksregierung und der Kreisverwaltung. Die Untätigkeit führt dazu, dass die Naturschutzverbände nun überlegen, ob sie die Stadt verklagen müssen, damit sich endlich was bewegt. Wir finden das nicht akzeptabel. Hier kann und muss unsere Stadt besser werden!
Genauso hat uns der Planungsprozess zum zweiten Bauabschnitt des Baugebiets Wüllen-Nord enttäuscht. Die Einwände vieler Bürgerinnen und Bürger, alten und geschützten Baumbestand dabei zu erhalten wurden dabei einfach vom Tisch gefegt. Bemerkenswert ist: Trotz des Kraftakts hier im Rat sind die Pläne nicht in der Offenlage, weil nun wohl aufgefallen ist, dass man geschützte Landschaftsbestandteile doch nicht ganz so einfach umholzen kann. Wir setzen weiterhin auf eine Lösung, die die Wünsche der Bevölkerung nach zusätzlichen Bauplätzen vereint mit einem möglichst rücksichtsvollen Eingriff in die Natur.
Zusammenfassend darf ich feststellen:
Aus unserer Sicht weist der Haushalt 2021 Licht und Schatten auf. Insgesamt ist Ahaus mit dem neuen Haushalt aber gut aufgestellt und unsere Anträge und Anregungen führen an vielen Stellen zu unverkennbaren Verbesserungen. Aus diesem Grund werden wir dem Haushalt zustimmen. Gehen wir gemeinsam besseren Zeiten entgegen!
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!
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