Neuordnung des Verwaltungsvorstands: Wieso die Grünen die Beigeordnetenstelle nicht erneut besetzen wollen

In den letzten Tagen gab es in Ahaus politisch Einiges zu debattieren. Der Grund: Ein breites politisches Bündnis will die Spitze der Ahauser Stadtverwaltung verschlanken und eine der bisherigen drei Beigeordnetenstellen nicht neu besetzen. In den vergangenen Tagen hat vor allem die UWG in einer Reihe von Leserbriefen an diesen von den Grünen unterstützten Plänen Kritik geübt. Das ist legitim. Leider ist dadurch in der öffentlichen Diskussion ein sehr einseitiger Eindruck entstanden. Wir haben daher hier die wichtigsten Fragen rund um die Neuordnung des Verwaltungsvorstands zusammengestellt und geben Antworten aus der Sicht unserer grünen Ratsfraktion.

Worum geht es eigentlich?

Im Januar 2023 endet die Wahlzeit des ersten Beigeordneten der Stadt Ahaus, daher muss der Stadtrat in den kommenden Wochen entscheiden, wie der Vorstand der Stadtverwaltung in Zukunft aussehen soll. Die Wahl von Beigeordneten regelt in NRW die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Beigeordnete sind kommunale Wahlbeamte und werden vom Rat für die Dauer von acht Jahren gewählt, die Stellen müssen zuvor ausgeschrieben werden. Ein Beigeordneter wird zum allgemeinen Stellvertreter des Bürgermeisters ernannt und trägt dann die Bezeichnung Erster Beigeordneter.

Wieso unterstützen die Grünen den Vorschlag?

Der Wegfall einer Beigeordnetenstelle bietet die Gelegenheit, den Ahauser Verwaltungsvorstand mit dem nötigen Vorlauf und in Ruhe neu aufzustellen. Dies eröffnet die Möglichkeit für die Stadt, eine Neuorganisation der Verwaltungsspitze vorzunehmen. Mit der Reduktion der Zahl der Beigeordneten werden die Fachbereichsleitungen im Rathaus mehr Wertschätzung und Verantwortung erfahren. Eine moderne Verwaltung mit möglichst flachen Hierarchien ist das Ziel. Der Blick in Städte mit einer ähnlichen Größe und Struktur im Umland zeigt, diese kommen auch sehr gut mit zwei Beigeordneten im Verwaltungsvorstand aus. Wir haben als Grüne die Aufwertung der Stelle des Sozialdezernenten zum Beigeordneten unterstützt, das ist angesichts der Bedeutung des Dezernats und seiner Aufgabenfülle auch richtig und notwendig. Damals war eine weitergehende Umstrukturierung des Verwaltungsvorstands jedoch nicht möglich, da der erste Beigeordnete und Kämmerer noch den Großteil seiner Wahlzeit vor sich hatte. Diese geht nun zu Ende und der Rat kann damit die Weichen für den weiteren Umbau des Verwaltungsvorstands stellen.

Daneben wollen wir nicht verhehlen, dass wir auch aus politischen Gründen eine Wiederwahl des bisherigen ersten Beigeordneten nicht unterstützt hätten. So hat dieser in den letzten Jahren politisch stets auf das gesetzt, was wir als Grüne gerade eben nicht für Ahaus wollen. Der Beigeordnete Althoff war gegen die Ausrufung des Klimanotstands in Ahaus, er vertrat fälschlich die Auffassung, dass die Stadt im Falle eines Beschlusses zum Klimanotstand quasi handlungsunfähig würde. Bei den bestehenden rechtswidrigen Überversiegelungen in den Gewerbegebieten, hat die Verwaltung unter seiner Führung die Hinweise und Beschwerden der Naturschutzverbände lange ignoriert. Erst eine klare rechtliche Einordnung der Bezirksregierung führte zu einem Einlenken im Rathaus. Der Beigeordnete bremst bei der Verkehrswende, insbesondere bei der verstärkten Einführung von Tempo 30 und der Stärkung des Radverkehrs. Gleiches gilt beim Thema Energiewende: Hier gab es erst kürzlich die falsche rechtliche Bewertung, dass Flächenphotovoltaikanlagen in Ahaus entlang der Bahnlinie unzulässig seien. Auch hier musste die fehlerhafte Rechtsauskunft erst von der Bezirksregierung korrigiert werden. Ganz ähnlich liegt der Sachverhalt bei der versuchten Überplanung der geschützten Kopfweiden in Wüllen, hier wurde die rechtliche Einschätzung vom Kreis Borken korrigiert. Und zu allem Überfluss zwang der Beigeordnete die Grünen in einen unnötigen und teuren Rechtsstreit, da er irrig die Auffassung vertrat, man dürfe in Ahaus keine Plakate gegen die rechtsextreme AfD aufhängen. Hier musste ihm erst das Oberverwaltungsgericht das Gegenteil erklären! Niemand konnte daher ernsthaft erwarten, dass wir eine Wiederwahl unterstützen würden. Wir danken Herrn Althoff für seine bisherige Arbeit für die Stadt, aber wollen in Zukunft gerne einen anderen Weg gehen.

Aber manche sagen, dass im Verwaltungsvorstand zwingend ein Jurist sitzen müsse?

Vorweg: Die Kommunalverfassung sagt nichts dergleichen. In §71 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ist geregelt, dass in kreisfreien Städten (wie beispielsweise Münster) in der Tat ein*e Jurist*in in den dort auch deutlich größeren Verwaltungsvorstand gehört. Für Ahaus ist das jedoch nicht vorgeschrieben. Die Darstellung, dass der erste Beigeordnete bislang zuvorderst juristisch in der Verwaltung tätig war, ist zudem unzutreffend. Im Gegenteil, auch heute schon gibt die Verwaltung rechtliche Streitigkeiten an externe Anwälte ab. Für Anwaltskosten stehen daher Jahr für Jahr mehrere hunderttausend Euro im städtischen Haushalt. Um Anwälte zu beauftragen muss man kein Jurist sein. Hinzu kommt: über die juristischen Einschätzungen des Beigeordneten in der Vergangenheit lässt sich wie oben dargelegt auch trefflich streiten. Einen Juristen, der regelmäßig auf das falsche Ergebnis tippt braucht die Stadt jetzt nicht zwingend…

Andere behaupten, es gehe in Wahrheit um eine Schwächung der Bürgermeisterin. Was ist da dran?

Nichts. Die These stammt aus einem Kommentar in der Münsterlandzeitung. Und die ist Quatsch! Die angebliche Schwächung der Bürgermeisterin ist eine rein eingebildete. Man kann sie nur theoretisch herleiten. Ohne Frage haben die Bürgermeisterin und der bisherige erste Beigeordnete gut zusammen gearbeitet. Mit einem neuen Kämmerer wird die Bürgermeisterin jedoch ohne Frage ebenso gut zusammenarbeiten können.

Es ist also ein rein politisches Argument, das unterstellt, dass immer dann, wenn der Rat etwas beschließt, bei dem die Bürgermeisterin eine abweichende Meinung hat, dies nur geschieht, weil man die Bürgermeisterin angeblich schwächen will / beleidigt ist / der Tag mit g endet… Da wird viel Unsinn erzählt, wenn der Tag lang ist. Fakt ist: Beigeordnete sind Wahlbeamte, die auf Zeit ihr Amt ausüben, das natürlich in dem Zeitraum auch ihr Beruf ist. Und in der Kommunalverfassung steht nun eben dem Rat und nicht der/dem Bürgermeister*in das Recht zu, über die Einrichtung und Besetzung von Beigeordnetenstellen zu entscheiden. Das ist in Nordrhein-Westfalen Gesetz und gilt in jeder Stadt – groß wie klein. Beigeordnete wissen schon bei ihrer Bewerbung um das Amt, dass es nur auf acht Jahre vergeben wird. Eine Wiederwahl ist möglich aber nicht selbstverständlich. Regelmäßig wird irgendwo in unserem Bundesland ein*e Beigeordnet*e vom Rat nicht wiedergewählt. Das gehört zu Politik dazu. Ein Beispiel verdeutlicht das gut: Der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete ist jetzt auch schon 20 Jahre im Bundestag, das ist sein Beruf. Da kommt auch niemand vor einer Wahl auf die Idee zu sagen, dass er ein zwingendes Vorrecht auf eine erneute Wahl besitzt. Egal wie lange er jetzt im Amt ist. Das gilt genauso für jede Bürgermeister*in und auch alle Beigeordneten.

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